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Auf dem Trockenen
See bei Wiener Neustadt: In der Region ist das Grundwasser besonders stark gesunken und hat zur Austrocknung geführt.
© APA/Jeff Mangione/KURIER/picturedesk.com

Seehäuser

Auf dem Trockenen

Trotz des regenreichen Frühjahrs kämpfen Seen in Ost­österreich gegen die Austrocknung. Immobilienbesitzer am Ufer können nur hoffen, dass das Wasser bald zurückkehrt.

Von Ursula Rischanek

29.06.2023

Der Blick reicht bis auf den Grund des Föhrensees. Nicht weil das Wasser so klar ist, sondern weil der See bei Wiener Neustadt ausgetrocknet ist. Von den Einfamilienhäusern, die dicht um das einstige Ufer stehen, führen Treppen zu Stegen und Tretbooten. Sie liegen auf dem Trockenen. Bei den benachbarten Seen bietet sich ein ähnliches Bild. Daran hat auch der viele Regen der letzten Monate nichts geändert. Am Neusiedlersee stieg der Pegel im Juni immerhin wieder über die Rekordtiefs des Vorjahres. Entwarnung kann aber noch nicht gegeben werden. 

Grundwasser stark gesunken

„Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass die Seen im südlichen Niederösterreich und im Burgenland immer wieder mit wenig Wasser oder Austrocknung zu kämpfen haben“, sagt Christian Griebler, Professor für Limnologie an der Universität Wien. Kurz- und mittelfristig werde es immer wieder nasse Jahre geben, doch langfristig glaube er nicht an eine Entspannung. „Der Trend zu weniger Wasser setzt sich nämlich fort“, so der Limnologe. Der Grund dafür liegt in den teils deutlich zurückgegangenen Grundwasserspiegeln – in Wiener Neustadt beispielsweise ist der Grundwasserpegel von 268 Metern über Adria im Jahr 2008 auf 255 Meter über Adria im Frühjahr gefallen. Dass sich das Grundwasser immer mehr in die Tiefe zurückzieht, liegt auch an den Begradigungen der Flüsse. Je gerader Flüsse und Bäche laufen, desto schneller fließen sie, erklärt Ulrich Eichelmann, Gründer der auf Gewässer spezialisierten Umweltschutzorganisa­tion Riverwatch. Das wiederum führt dazu, dass sie sich tiefer in ihre Betten eingraben – „und das Grundwasser geht mit“, so Eichelmann. Zum anderen gehen immer mehr Niederschläge verloren. „Die Niederschläge sind von der Menge her relativ gleich“, sagt Griebler. Da diese zunehmend aber nicht mehr als gleichmäßiger Regen, sondern als Starkregen herabprasseln, können sie – besonders nach einer Hitze- oder Dürrephase – nicht mehr vom ausgetrockneten Boden aufgenommen werden. „Der Regen hat keine Zeit, zu versickern, sondern er läuft gleich in den nächsten Kanal, von dort in einen Bach oder Fluss und geht ­somit dem Grundwasser verloren“, ­erklärt der Limnologe. Ein weiterer Faktor, der dem Grundwasser zusetzt, ist die Tatsache, dass immer mehr Wasser zur Bewässerung landwirtschaftlicher Kulturen entnommen wird. Er sehe daher für viele dieser Teiche schwarz, so Griebler, der dafür eintritt, die Wasserentnahme zu reduzieren, Überschwemmungsbereiche zuzulassen und Versickerungsbecken für Regenwasser zu schaffen.

Risiko für Immobilienbesitzer

Für Besitzer von Immobilien an den betroffenen Seen ist der Ausblick auf die Schotterwüste wenig erfreulich. Dazu kommt der potenzielle Wertverlust. Das fehlende Wasser ist für eine Seeimmobilie nicht gerade ein Verkaufsargument. Viele Käufer vertrauen aber offenbar darauf, dass das Wasser bald zurückkommt. Teilweise gibt es Pläne, die Seen tiefer auszubaggern. „Die Preise sind noch nicht gesunken, und auch bei der Nachfrage merkt man nichts“, sagt Maklerin Karin Bosch, die bei S Real für den Süden Niederösterreichs zuständig ist. 

Martin Roth, Gerichtssachverständiger für Immobilienbewertung, berichtet Ähnliches: „Die Preise sind bisher nicht gefallen.“ Haben die Seen in den nächsten Jahren weiter Probleme mit ihrem Wasserstand, könnte sich das Blatt wenden, glaubt Roth. „Dann wird sich der Markt dorthin orientieren, wo Wasser sicher ist. Und es wird in den betroffenen Regionen zu Preisabschlägen kommen.“ Wie hoch diese sein werden, könne man derzeit noch nicht voraussagen.

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