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„Auf den US-Konsumenten ist Verlass“
„Der Dollar ist überbewertet“, meint Joseph ­Kalish, Chief Global Macro Strategist bei Ned Davis Research.
© Kathrein Privatbank/Sabine Klimpt

Konjunktur

„Auf den US-Konsumenten ist Verlass“

Joseph Kalish von Ned Davis Research analysiert die konjunkturelle Großwetterlage und wagt einen Blick in die Zukunft der Finanzmärkte. Diese sieht er durchaus positiv.

Von Hans-Jörg Bruckberger

08.05.2024

Ned Davis Research ist ein unabhängiges amerikanisches Researchhaus, auf dessen Expertise die Kathrein Privatbank seit Jahren zurückgreift. Anlässlich des jährlichen Private Banker’s Lunch für institutionelle Anleger kam Joseph Kalish, Chief Global Macro Strategist bei Ned Davis Research, nach Wien. Und er hatte Good News im Gepäck, schätzt er doch die Gefahr einer Rezession als minimal ein.

GEWINN: Viele hatten für die USA eine Rezession erwartet. Wieso kam es bis dato nicht dazu?

Kalish: Uns hat das, ehrlich gesagt, nicht überrascht, wir haben tatsächlich keine Rezession erwartet. Immer wieder wurde auf die inverse Zinskurve als Vorbote einer Rezession verwiesen und darauf, dass die Zinsen so stark angehoben wurden, nämlich um 525 Basispunkte in relativ kurzer Zeit. Nun, man darf dabei aber nicht vergessen, woher wir kommen, nämlich von einer Nullzinsphase! Das relativiert dann einiges. Außerdem gab es gerade in den USA ja auch noch zahlreiche fiskalische Anreize wie beispielsweise den Inflation Reduction Act oder die immensen Infrastrukturinvestitionen. Deshalb war die Geldpolitik der USA mit ihren Zinserhöhungen nicht sehr effektiv. Die fiskalischen Stimuli haben der Wirtschaft geholfen. Aber das hat auch zu Verzerrungen der wirtschaftlichen Realität geführt, die jetzt wieder abgebaut werden müssen.

GEWINN: Vor allem aber ist der US-Konsument brav shoppen gegangen und hat seine Ersparnisse aus der Coronazeit ausgegeben. Das ist ja auch der große Unterschied zu Europa, wo die Konsumenten weiter sparen und sich zurückhalten. Haben die Rezessionspropheten die US-Konsumenten unterschätzt?

Kalish:  Ja. Wetten auf eine Rezession waren Wetten gegen den US-Konsumenten. Und die sind selten aufgegangen. Die Vergangenheit zeigt, dass auf den US-Konsumenten Verlass ist. Es gab in der jüngeren Vergangenheit nur zwei Phasen, in denen der US-Konsum schwächelte: Das war im Zuge der großen Finanzkrise und zuletzt in der Covid-Pandemie.

GEWINN: Sehen Sie die Rezessionsgefahr auch weiterhin gebannt? Und wenn ja, nur in den USA oder auch auf globaler Ebene?

Kalish: Ja, wir erwarten eine globale Erholung, wenn auch nur eine sehr schwache. Die Einkaufsmanagerindizes zeigen, dass die Industrie schwächelt, nicht jedoch der Dienstleistungssektor. Vor allem aber läuft der Arbeitsmarkt gut, die Menschen haben in der Regel einen Job! Die Gefahr einer Rezession ist minimal.

GEWINN: Allerdings sind gerade die USA hoch verschuldet. Sehen Sie darin eine Gefahr?

Kalish: Das ist eines der Makrorisiken, die tatsächlich bestehen. Irgendwann fragt man sich in Anbetracht des hohen Defizits schon, wer in Zukunft US-Schuldverschreibungen kaufen wird. Aber bis dato hat der Markt hier keine warnenden Signale ausgesendet. Die Erfahrung zeigt, dass die Politik erst dann reagiert und Dinge ändert, wenn die Finanzmärkte solche Signale senden.

GEWINN: Was sind die anderen Risiken?

Kalish: Ein schwächerer Dollar, der wiederum die Inflation anheizen könnte. Eine zu lange zu restriktive Geldpolitik, die das Wachstum abwürgt. Und steigende Zinsen am Bondmarkt. Wir sehen den fairen Wert von zehnjährigen US-Treasuries bei rund fünf Prozent Rendite. Würde es deutlich darüber hinausgehen, könnte das problematisch werden. Damit würden auch die Kreditkosten für Konsumenten und Unternehmen steigen, was wiederum negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum hätte. Wenn Investoren anfangen, sich mehr Gedanken über Kreditrisiken zu machen als über die Zinsen, dann wäre Vorsicht geboten. Aber derzeit interessieren sich die Märkte tatsächlich mehr für die Zinsen. 

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