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„Bei Immobilien sind wir eher auf der Käuferseite“
Wiener-Städtische-Chef Ralph Müller sieht massiv steigende Schäden durch Unwetter und meint, dass Eigenheimversicherungen deshalb teurer werden.
© Ludwig Schedl

Wiener Städtische

„Bei Immobilien sind wir eher auf der Käuferseite“

Die Wiener Städtische verwaltet ein Vermögen von 23 Milliarden Euro. Generaldirektor Ralph Müller erklärt, wie es aktuell angelegt wird, wie sich der Klimawandel in der Schadensversicherung bemerkbar macht und wie man gegen Inflation ankämpfen kann.

Von Hans-Jörg Bruckberger

29.11.2023

GEWINN: Die Konjunktur lahmt, geopolitische Krisen häufen sich. Wie läuft eigentlich das Geschäft bei einem großen Versicherer wie Ihnen?

Ralph Müller: Insgesamt ist das Geschäft stabil, sogar wachsend. Die Bereiche Schaden/Unfall, also Sachversicherung und Krankenversicherung, laufen am besten. Da hatten wir im ersten Halbjahr jeweils mehr als sieben Prozent Wachstum, der Bereich Lebensversicherung ist schwieriger. Hier wird die Wiener Städtische 2023 rund ein Prozent Wachstum erreichen, was insofern beachtlich ist, als sich der Gesamtmarkt in Österreich ja sogar negativ entwickelt.

GEWINN: Die Prämieneinnahmen der Lebensversicherungen in Österreich schrumpfen seit Jahren. Und das, obwohl ja das staatliche Pensionssystem schon allein aus demografischen Gründen an seine Grenzen stößt. Worauf führen Sie diese Entwicklung zurück?

Müller: Dafür gibt es mehrere Gründe: Die Nullzinspolitik der EZB infolge der Finanzkrise 2008 und regulatorische Hürden waren natürlich nicht hilfreich. Zusätzlich zu den schwierigen Rahmenbedingungen fehlt es auch an Unterstützung durch die Politik. Unser Pensionssystem ist gut, aber es kostet sehr viel Geld. Jeder vierte Steuer-Euro wird für Pensionen verwendet. Da stellt sich schon die Frage nach der Nachhaltigkeit. Und es bleibt wenig Spielraum für andere, dringend notwendige Investitionen, etwa in Forschung und Entwicklung oder in das Bildungssystem. Eine Entlastung des Systems durch mehr private Vorsorge wäre wirklich sinnvoll.

GEWINN: Wie könnte eine Unterstützung dafür aussehen?

Müller: Sinnvoll wären etwa eine Senkung der Versicherungssteuer in der Lebensversicherung von vier auf zwei Prozent und eine Steuerbefreiung für grüne Investments, also bei Artikel-8- und -9-Fonds in der fondsgebundenen Lebensversicherung. Und die prämienbegünstigte staatlich geförderte Zukunftsvorsorge gehört dringend reformiert. Da wurden fast alle Anbieter ausgestoppt. Wir übrigens nicht.

GEWINN: Was ist der Vorteil einer fondsgebundenen Lebensversicherung?

Müller: Mit einer klassischen Lebensversicherung kann man die Inflation nicht schlagen, die Produkte sind extrem sicher gebaut, das geht nur mit fondsgebundenen Produkten. Es geht generell darum, Kapitalstöcke in die Zukunft zu transferieren.

GEWINN: Was am Sparbuch nicht funktioniert …

Müller: Vor allem nach dem Inflationsschub 2022 und 2023. Seit 2016 hat man damit insgesamt mehr als 20 Prozent Realverlust erlitten! Da findet eine Umverteilung von privat in Richtung Staat statt, denn die Staaten sind ja in der Regel hoch verschuldet und profitieren von der Entwicklung. Eine vernünftige Lebensversicherung kann da viel abfedern. Die private Vorsorge sollte wieder an Dynamik gewinnen, und die Zinswende wird dabei helfen.

GEWINN: Als Versicherer müssen Sie ja geradezu eine Lanze für die private Vorsorge brechen, weil Sie davon profitieren …

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