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China im Jahr der Schlange
China feierte am 29. Jänner den Beginn eines neuen Jahres, das unter dem Zeichen der Schlange steht und an der Börse einiges an Chancen, aber auch Risiken bereithält.
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Aktienmarkt China

China im Jahr der Schlange

Das Land der Mitte hat auch im neuen chinesischen Jahr mit zahlreichen Problemen zu kämpfen. Experten sehen aber auch Stärken und Chancen, wie etwa ein konkurrenzfähiges KI-Modell aus China zuletzt wieder aufzeigte.

Von Martin Maier

04.02.2025
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In China steht die Schlange als Symbol für Weisheit, Eleganz und Flexibilität. Und nur wenige Tage vor dem chinesischen Neujahrsfest, das heuer auf den 29. Jänner fiel, hat die chinesische Schlange wieder einmal kräftig zugebissen: Das Technologieunternehmen Deepseek, das erst im Juli 2023 vom Hedgefonds-Manager Liang Wenfeng gegründet worden war, präsentierte am 20. Jänner der Öffentlichkeit sein neuestes KI-Modell: Das R1-Modell, das zur Generierung von Inhalten, zur Lösung von Logikproblemen und zur Erstellung von Computercode verwendet wird, wurde laut Deepseek mit deutlich weniger und leistungsschwächeren Computerchips zu deutlich geringeren Kosten entwickelt als das Modell ChatGPT-4 der US-Konkurrenz OpenAI. Zum Vergleich: Die Entwicklungskosten von ChatGPT-4 beliefen sich laut Medienangaben auf über 100 Millionen Dollar, das ähnlich leistungsfähige Modell aus China soll angeblich (nicht bestätigt) nur sechs Millionen Dollar an Kosten in der Entwicklung verursacht haben.

Damit hat China wieder einmal bewiesen, dass es einen Nachteil zum Vorteil verkehren kann: Da die aktuellen Hochleistungschips des US-Chipentwicklers Nvidia aufgrund von Sanktionen der US-Regierung derzeit in China nicht erhältlich sind, haben es findige chinesische Entwickler geschafft, einfach aus älteren Generationen an KI-Chips von Nvidia das Maximum herauszuholen und damit die Kurse der US-Platzhirsche im Bereich KI-Hardware (temporär) auf Talfahrt zu schicken.

Trump und andere Probleme

Doch dieser Erfolg kann nicht über zahlreiche Probleme hinwegtäuschen, mit denen die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt zu kämpfen hat. Eines davon ist US-Präsident Donald Trump. Der Republikaner hatte im Wahlkampf Strafzölle gegen China angekündigt, weil das Handelsdefizit der USA mit China aus seiner Sicht zu groß sei. Am 1. Februar verhängte der US-Präsident zehn Prozent Zoll auf Warenimporte in die USA aus China.

Wie schlecht derartige Handelshemmnisse für die chinesische Wirtschaft sind, haben ähnliche Maßnahmen vor Jahren schon aufgezeigt: Über Jahrzehnte hatte China als das Wirtschaftswunder weltweit gegolten, zweistellige reale Wachstumszahlen waren an der Tagesordnung, wobei der Höhepunkt mit 14,2 Prozent realem BIP-Wachstum im Jahr 2007 erreicht wurde. „Seit 2018 hat sich der Aufwärtstrend abgeschwächt. In diesem Jahr führten die USA und als Reaktion darauf später auch China wechselseitige Strafzölle ein, was nicht nur negative Folgen für die Handelsbeziehungen hatte, sondern auch das Vertrauen der Investoren schwächte“, erklärt Hans Selleslagh, Österreich-Sprecher des Onlinebrokers Freedom24.

Chart In China steht die Schlange als Symbol für Weisheit, Eleganz und Flexibilität. Und nur wenige Tage vor dem chinesischen Neujahrsfest, das heuer auf den 29. Jänner fiel, hat die chinesische Schlange wieder einmal kräftig zugebissen: Das Technologieunternehmen Deepseek, das erst im Juli 2023 vom Hedgefonds-Manager Liang Wenfeng gegründet worden war, präsentierte am 20. Jänner der Öffentlichkeit sein neuestes KI-Modell: Das R1-Modell, das zur Generierung von Inhalten, zur Lösung von Logikproblemen und zur Erstellung von Computercode verwendet wird, wurde laut Deepseek mit deutlich weniger und leistungsschwächeren Computerchips zu deutlich geringeren Kosten entwickelt als das Modell ChatGPT-4 der US-Konkurrenz OpenAI. Zum Vergleich: Die Entwicklungskosten von ChatGPT-4 beliefen sich laut Medienangaben auf über 100 Millionen Dollar, das ähnlich leistungsfähige Modell aus China soll angeblich (nicht bestätigt) nur sechs Millionen Dollar an Kosten in der Entwicklung verursacht haben.  Damit hat China wieder einmal bewiesen, dass es einen Nachteil zum Vorteil verkehren kann: Da die aktuellen Hochleistungschips des US-Chipentwicklers Nvidia aufgrund von Sanktionen der US-Regierung derzeit in China nicht erhältlich sind, haben es findige chinesische Entwickler geschafft, einfach aus älteren Generationen an KI-Chips von Nvidia das Maximum herauszuholen und damit die Kurse der US-Platzhirsche im Bereich KI-Hardware (temporär) auf Talfahrt zu schicken.  Trump und andere Probleme Doch dieser Erfolg kann nicht über zahlreiche Probleme hinwegtäuschen, mit denen die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt zu kämpfen hat. Eines davon ist US-Präsident Donald Trump. Der Republikaner hatte im Wahlkampf Strafzölle gegen China angekündigt, weil das Handelsdefizit der USA mit China aus seiner Sicht zu groß sei. Am 1. Februar verhängte der US-Präsident zehn Prozent Zoll auf Warenimporte in die USA aus China.  Wie schlecht derartige Handelshemmnisse für die chinesische Wirtschaft sind, haben ähnliche Maßnahmen vor Jahren schon aufgezeigt: Über Jahrzehnte hatte China als das Wirtschaftswunder weltweit gegolten, zweistellige reale Wachstumszahlen waren an der Tagesordnung, wobei der Höhepunkt mit 14,2 Prozent realem BIP-Wachstum im Jahr 2007 erreicht wurde. „Seit 2018 hat sich der Aufwärtstrend abgeschwächt. In diesem Jahr führten die USA und als Reaktion darauf später auch China wechselseitige Strafzölle ein, was nicht nur negative Folgen für die Handelsbeziehungen hatte, sondern auch das Vertrauen der Investoren schwächte“, erklärt Hans Selleslagh, Österreich-Sprecher des Onlinebrokers Freedom24.                 Ein weiteres großes Problemfeld ist die angeschlagene Immobilienbranche in China: Im Zuge der Immobilienkrise sind die Bautätigkeit und die Investments in den Sektor signifikant zurückgegangen. „Obwohl Prognosen für 2025 nahelegen, dass die Talfahrt in diesem Jahr zu Ende sein könnte und sich der chinesische Immobilienmarkt 2026 stabilisiert, besteht die Gefahr, dass die anhaltenden Probleme private Investitionen hemmen und auch die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt bremsen“, erläutert Selleslagh. Und nicht zuletzt leidet China, das laut dem aktuellen Fünfjahresplan sich unabhängiger von der Exportwirtschaft machen und stärker den Binnenkonsum forcieren sollte, unter einer ausgeprägten Konsumschwäche im Land, wie Hans Selleslagh beschreibt: „Viele Konsumenten zögern mit Ausgaben. Dabei spielen die hohe Arbeitslosigkeit unter Jungen, aber auch hohe Lebenshaltungskosten im urbanen Raum bei teils überschaubaren Löhnen eine Rolle.“  Die Regierung soll’s richten Doch die Führung Chinas scheint indes wild entschlossen, all diese Probleme in den Griff zu bekommen. „Wir glauben, dass die chinesische Regierung auch weiterhin proaktiv handeln wird. Die weltweiten Ankündigungen von Zöllen stellen einen Unsicherheitsfaktor für chinesische Güter dar. Deshalb bleibt die Wiederbelebung des inländischen Konsums eine der obersten Prioritäten“, schreibt Jasmine Kang, Portfoliomanagerin für chinesische Aktien bei Comgest, in einer aktuellen Analyse.  Auch Javier Garcia, Portfoliomanager bei Berenberg, sieht aktuell die Regierung am Zug: „Chinas Erfolgsaussichten für 2025 hängen wesentlich von der Wirksamkeit der Strategien ab, mit denen das Land dem Handelsdruck begegnet, maßgeschneiderte finanzpolitische Maßnahmen umsetzt und die Binnennachfrage ankurbelt.“ So soll die Regierung für 2025 geplant haben, mittels Handelszuschüssen den Kauf von Gebrauchsgütern wie etwa Autos und Haushaltsgeräten mit Zuschüssen zu fördern, die Pensionen sollen erhöht werden, und es sollen Anreize für Neugeborene geboten werden, um gegen Chinas rapide Überalterung anzukämpfen.  Chinas Börsen öffnen sich nach außen Chinas Führung will nach einigen staatlichen Eingriffen, die ausländische Investoren verschreckt haben, auch wieder vermehrt Kapital aus dem Ausland anlocken: „Jüngste Reformen haben ausländischen Investoren den Einstieg in chinesische A-Shares erleichtert, indem die Schwellenwerte für den Aktienbesitz gesenkt wurden und die Behaltefrist verkürzt wurde. Dieser Schritt zeugt von der Entschlossenheit, den Markt zu öffnen, und bietet Möglichkeiten, ausländisches Kapital zu generieren“, erklärt Selleslagh. In Summe sieht der Experte deutliches Aufwärtspotenzial für chinesische Aktien, falls sich das wirtschaftliche Umfeld aufgrund effektiver politischer Maßnahmen stabilisieren sollte. „Für Anleger bieten sich Chancen in Sektoren, die auf die Bedürfnisse der Konsumenten ausgerichtet sind, insbesondere in den Bereichen Technologie, elektronischer Handel und grüne Industrie.“        Sollte es der Regierung auch gelingen, den Binnenkonsum in China zu stärken, schätzt Jasmine Kang von Comgest, dass chinesische Unternehmen mit starken chinesischen Marken wie Anta Sports Products oder Li Auto davon profitieren könnten. Im lokalen digitalen Handel ist Meituan mit seinen 30-Minuten-Lieferdiensten führend und baut seinen Zielmarkt aus: „Da die einheimischen Marktführer in Bereichen wie Hautpflege, Tiernahrung, Getränke und Elektrofahrzeuge immer mehr Marktanteile gewinnen, bieten alle diese Trends erhebliche Wachstumschancen.“ Als weiteres Beispiel nennt sie Tencent Music: Der Marktführer für Musikstreaming in China rechnet angesichts der wachsenden Bereitschaft der chinesischen Konsumenten, für digitale Musikabonnements zu zahlen, mit steigenden Abozahlen.
Der chinesische Aktienmarkt wird auch stark durch staatliche Maßnahmen beeinflusst – im Guten wie im Schlechten. Das erklärt viele der erratischen Ausschläge an den Börsen in Shanghai und Shenzhen.

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