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Anleihen
„Das Umfeld ist sehr positiv für die Rentenmärkte“
Die Anleihenmärkte haben schwierige Zeiten hinter sich. Zunächst war das jahrelange Nullzinsumfeld herausfordernd, dann erlebten die Bondmärkte im Zuge der Coronakrise sowie der darauffolgenden Energiekrise einen wilden Ritt, wie man ihn eigentlich nur von Aktien kennt. Seit 2023 heißt es allerdings „Bonds are back“ – mit festverzinslichen Wertpapieren kann man wieder gute Renditen einfahren und sie funktionieren auch wieder als Hort der Stabilität in volatilen Phasen an der Börse. Aber was bedeutet nun der neue Zinszyklus für diese Anlageklasse? GEWINN sprach darüber mit Thomas Fischer, dem Geschäftsführer des deutschen Vermögensverwalters Wydler Asset Management.
GEWINN extra: 2023 haben sich die Bondsmärkte sehr erfreulich entwickelt und es hieß: „Anleihen sind zurück.“ Hat sich dieser Trend auch 2024 bisher fortgesetzt?
Thomas Fischer: Ja! 2024 ist bislang ein hervorragendes Jahr für Anleihen. Unser Anleihefonds, der Wydler Global Bond Fund, bringt es seit Jahresbeginn bis dato auf eine Rendite von rund acht Prozent. Diese ist eine Mischung aus Coupons und Kurssteigerungen. Letztere waren getrieben durch die Zinssenkungen der Notenbanken, die ja schon im Vorfeld relativ lange erwartet waren.
GEWINN extra: Wie wird es mit den Zinsen weitergehen?
Fischer: Die Zinsen werden wohl noch weiter nach unten gehen – vorausgesetzt, die Inflation bleibt relativ niedrig. Also heuer erwarte ich noch weitere Leitzinssenkungen. 2025 kommt es dann wie gesagt auf die Inflation an. Denn die Lohn-Preis-Spirale könnte nach teilweise sehr hohen Lohnerhöhungen schon noch zum Show-Stopper werden, wenn sie eben der rückläufigen Inflation ein Ende setzt.
GEWINN extra: Das kurzfristige Umfeld ist aber positiv für die Rentenmärkte, oder?
Fischer: Absolut. Noch gibt es eine Kombination aus relativ guten Einstiegsrenditen und der Aussicht auf steigende Kurse durch sinkende Leitzinsen. Was die Einstiegsrenditen betrifft: Noch kann man sich hier durchaus attraktive Zinscoupons sichern, teilweise auch im Investment-Grade-Bereich. Da hat sich schon viel verändert. Vor einigen Jahren, in der lange anhaltenden Nullzinsphase, musste man schon in den High-Yield-Bereich gehen, um ansprechende Renditen zu bekommen. Man musste also zwangsläufig ein gewisses Risiko eingehen. In den zurückliegenden Jahren konnte man das wieder zurückfahren.
GEWINN extra: Wo stehen wir bei sicheren Anleihen, also im Investment-Grade-Bereich derzeit in Sachen Zinsen?
Fischer: Zehnjährige deutsche Bundesanleihen rentieren beispielsweise bei rund zwei Prozent.
GEWINN extra: Die Inflation, auch wenn sie schon deutlich zurückgekommen ist, hat man damit aber immer noch nicht ausgeglichen. Man muss also doch etwas mehr ins Risiko. Welchen Bereich sehen Sie derzeit am attraktivsten vom Chancen-Risiko-Profil her?
Fischer: Das stimmt. Bei Staatsanleihen gibt es oft nur entweder sicher und niedrig verzinst oder hoch verzinst, dafür aber spekulativ. Aber man muss hier nicht den Helden spielen. Wir hatten beispielsweise Anleihen vom Oman, der ist an sich relativ stabil und es gab sieben Prozent Zinsen. Aber das Risiko in der Region, im Nahen Osten, ist zu hoch, deshalb haben wir uns da zurückgezogen. Wir setzten in dem Bereich nur noch auf Qualität. Die Rendite holen wir uns über Unternehmensanleihen, die wir derzeit grundsätzlich bevorzugen. An der Schwelle vom Investment Grade zum Non-Investment Grade, also bei Ratings von BBB oder BB gibt es viele extrem spannende Anleihen mit vernünftigen Coupons und gleichzeitig aber auch vernünftiger Qualität. Und obendrein durch das Zinsumfeld auch noch Kurspotenzial.
GEWINN extra: Können Sie konkrete Beispiele nennen?
Fischer: Im BBB-Bereich gibt es Anleihen von namhaften Unternehmen wie Danone oder Daimler Trucks. Hier reden wir von Renditen um die vier Prozent – bei einem überschaubaren Risiko.
GEWINN extra: Und wozu tendieren Sie bei den Laufzeiten – die Zinskurve ist ja immer noch invers?
Fischer: Das ist eine sehr gute Frage! Wir waren schon länger eher kurz- bis mittelfristig unterwegs, also mit Restlaufzeiten von drei bis vier Jahren. Nach Corona haben wir das dann noch weiter reduziert, auf zwei bis drei Jahre. Zu Recht, denn Langläufer hat es voll erwischt. Auch wenn die Zinsen weiter sinken, würde ich nicht in längere Laufzeiten gehen. Denn wenn die Inflation, wie vorhin skizziert, doch wieder ein Thema werden sollte, dann erwischt es wieder die Langläufer.