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OGH-Urteile
Demo trotz Krankenstand
Der Kläger, der dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört, war beim beklagten Arbeitgeber als Flüchtlingsbetreuer beschäftigt. An einem Morgen wandte er sich wegen Schmerzen im Nierenbereich an seine Hausärztin, die ihn krankschrieb und an die urologische Abteilung im Donauspital verwies. In der Arbeitsunfähigkeitsmeldung wurden keine Ausgehzeiten angeführt. Am späten Nachmittag desselben Tags nahm der Kläger an einer Demonstration teil und gab dort ein Fernsehinterview. Nachdem die Sendung ausgestrahlt worden war, sprach die Beklagte die Entlassung aus, der Betriebsrat stimmte der Entlassung zu.
Ein Dienstnehmer muss sich im Falle einer Krankheit so verhalten, dass seine Arbeitsfähigkeit möglichst bald wiederhergestellt wird. Da die Ursache der die Arbeitsunfähigkeit begründenden Schmerzen damals noch nicht abgeklärt war, bedeutet die Teilnahme an der Demonstration einen gravierenden Verstoß gegen Sorgfaltspflichten. Dabei genügt es, dass das Verhalten geeignet war, den Krankenstand zu verlängern. Die Versammlungsfreiheit nach Art. 11 EMRK kann den Kläger nicht von seinen Dienstpflichten befreien. Lässt die Teilnahme an der Versammlung eine Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit befürchten, bleibt das Interesse des Arbeitgebers an der alsbaldigen Wiederherstellung der Arbeitskraft vorrangig (8 ObA 54/24k).