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Aktien untergewichtet
Erste-Bank-Fondsmanager gehen in die Defensive
Die jüngste Korrektur an den Aktienmärkten beschäftigt immer noch viele Anleger. Auch die Experten des Erste Asset Managements setzten sich im Zuge ihres aktuellen Marktausblicks damit auseinander. „Der Hauptgrund für diesen Crash waren die Yen Carry Trades“, sagt Chefvolkswirt Gerhard Winzer. Carry Trades sind eine Anlagestrategie, bei der Anleger sich Geld in einem Land mit niedrigen Zinsen leihen und dieses Geld dann in einem anderen Land mit höheren Zinsen oder in einem Markt mit erwarteten höheren Renditen anlegen. Mehr dazu finden Sie hier: Was sind eigentlich Carry Trades?
Carry Trades
Im Falle des Yen ging der Schuss zuletzt aber nach hinten los: Nachdem die japanische Notenbank ihre seit 2016 gefahrene Nullzinspolitik aufgegeben hatte und den Leitzins, wenn auch nur minimal, angehoben hatte, hat der Yen plötzlich zugelegt, woraufhin Carry Trades aufgelöst werden mussten. Das wiederum habe in weitere Folge den starken Kursrutsch an der japanischen Börse ausgelöst, dem weltweite Rückgänge gefolgt waren. Wobei sich die Märkte seither wieder deutlich erholt haben, wie die Experten vom Erste Asset Management, die Vermögensverwalter innerhalb der Erste Group, betonen.
Ihr Ausblick ist dennoch etwas durchwachsen: „Unser Basisszenario ist nach wie vor eine weiche Landung der US-Wirtschaft“, erklärt Winzer. Die Inflationsraten werden weiter zurückgehen, ohne dass eine Rezession ausbricht. Freilich bestünde kein Grund zur Euphorie: Denn eine weiche Landung bedeute auch geringes Wachstum. Für die USA erwartet Winzer im laufenden Jahr ein BIP-Plus von 2,5 Prozent, 2025 nur noch 1,7 Prozent. Das wäre für die USA sehr bescheiden. In der Eurozone sieht der Experte das BIP-Wachstum 2024 bei 0,5 Prozent und 2025 bei einem Prozent. Letzteres sei wiederum für Europa das höchste der Gefühle, mehr sei also auch in absehbarer Zukunft nicht zu erwarten.
Erhöhte Konjunkturrisiken
Wenigstens dieses Basisszenario hat bis dato gehalten. Allerdings haben laut den Experten des Erste Asset Managements in letzter Zeit die Risiken zugenommen. Aufgrund der höheren Konjunkturrisiken haben sie Aktien derzeit etwas untergewichtet. „Im ersten Halbjahr herrschte an den Märkten sehr gute Stimmung und unsere Kunden wurden mit einer überdurchschnittlichen Wertsteigerung unserer Fonds für ihr Engagement belohnt. Jetzt wird es nicht ganz so einfach“, sagt Heinz Bednar, Geschäftsführer der Erste Asset Management. Es würden sich Schlaglöcher auftun, die man mit geeigneten Strategien und Produkten umfahren möchte. Das erste Halbjahr verlief auch für Bednar erfreulich: Das verwaltete Vermögen konnte seit Jahresbeginn um 5,1 Prozent beziehungsweise um vier Milliarden Euro auf einen neuen Rekordwert von 82,2 Milliarden Euro gesteigert werden.
Im Aktienmarkt habe im Juli laut den Experten eine Sektor-Rotation weg von Technologie hin zu Zyklikern und Small Caps stattgefunden. Doch diese habe nur einen Monat lang gehalten, jetzt seien Anleger bereits defensiver geworden. Auch die Asset Allocation des Erste AM zollt dem Tribut: Im Aktienbereich werden Unternehmen aus dem Gesundheitssektor, Hersteller von weniger zyklischen Verbrauchsgütern sowie Aktien mit geringer Volatilität – wie etwa Telekomkonzerne oder Versicherer – bevorzugt. Obendrein bestünden schließlich auch zahlreiche geopolitische Risiken, die die Märkte jederzeit negativ beeinflussen könnten.
Ansonsten werden Anleihen als sinnvolle Depotbeimischung erachtet. Dies, zumal sie wieder eine negative Korrelation zu Aktien aufweisen. Hierbei biete sich beispielsweise der Erste Bond Corporate BB an, ein Fonds, der in globale Unternehmensanleihen mittlerer Bonität investiert. Denn bei Anleihen mit hoher Bonität, insbesondere Staatsanleihen, seien die erwarteten Leitzinssenkungen bereits eingepreist. Und auch Gold sehen die Experten vom Erste Asset Management langfristig positiv, gerade in volatileren Marktphasen sollte eine Gewichtung in Gold nicht fehlen. „Diese Positionierung bietet uns einen Puffer für den einen oder anderen Herbststurm“, sagt Bednar.
Was die Inflation betrifft, so sei die „letzte Meile immer schwierig“, wie Winzer betont. 2025 werde man noch über den Zielen der Notenbanken liegen. Dennoch werde es Leitzinssenkungen geben, so die Prognose.
Tipp: Was Experten verschiedener Banken für den weiteren Jahresverlauf an den Börsen erwarten, lesen Sie in der September-Ausgabe des GEWINN.