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Feder statt Pinsel
Mit einem Schätzwert von 80.000 bis 120.000 US-Dollar ist „Autoportrait“ das Highlight der kommenden Christie’s-Auktion. Das nur 22,8 x 17,5 cm große Werk, mit den Initialen HM oben links, wurde 1927 mit Feder und Tusche auf Papier gezeichnet.
© Christie's

Kunst als Wertanlage

Feder statt Pinsel

Ein Original von Matisse ist unerschwinglich? Irrtum! Bei Christie’s kommen jetzt Papierarbeiten des französischen Künstlers ab 700 Euro zur Auktion.

Von Marie-Thérèse Hartig

06.02.2023

Meine Federzeichnung ist meine unmittelbarste Ausdrucksform mit größter Vereinfachung des Mittels.“ Henri Matisse, neben Picasso der wohl bedeutendste Künstler der klassischen Moderne, schuf als Maler und Bildhauer Kunstwerke, die sich heute praktisch ausschließlich in Museen und Sammlungen befinden. Das heißt aber nicht, dass nicht auch Normalverdiener einen echten Matisse erwerben können: Feder statt Pinsel, Bleistift oder Tinte statt Öl und Papier statt Leinwand lassen die Preise bis in den dreistelligen Bereich purzeln.

„Matisse war ein sehr produktiver Zeichner und Grafiker“, berichtet Margaux Morel, Expertin für Impressionismus und Moderne bei Christie’s New York, die für die bevorstehende Onlineauktion „Matisse on Paper“ verantwortlich ist. 54 Arbeiten, je 27 Zeichnungen und Drucke inklusive vier Bücher, werden zwischen 8. und 15. Februar online angeboten. Sie stammen aus dem Nachlass von Jacquelyn Miller Matisse, der 2018 verstorbenen Witwe von Henri Matisses jüngstem Enkel Pierre-Noël Matisse.

„Da für Matisses Arbeiten auf Papier kein Werkverzeichnis existiert, können wir die Anzahl der entstandenen Zeichnungen nicht genau angeben, wir würden jedoch vermuten, dass es in die Zehntausende geht“, schätzt Morel. „Er produzierte auch mehr als 800 Drucke in einer Reihe von Techniken von Linol- und Holzschnitt bis hin zu Lithografie und Radierung.“

Das Highlight der kommenden Auktion ist ein ausdrucksstarkes Selbstporträt, das auf 80.000 bis 120.000 US-Dollar geschätzt wird. „,Autoportrait‘ wurde 1927 in präzisen, kräftigen Tintenstrichen ausgeführt, als der Künstler in Nizza lebte“, beschreibt Morel das Werk. „Es zeigt den adrett gekleideten Matisse, der den Betrachter durch seine berüchtigte Brille direkt ansieht und sich als ernsthafter und respektabler Künstler präsentiert.“ Weil solche aufwendigen Federzeichnungen mit Topprovenienz nur selten auf den Markt kommen, betrachtet Christie’s den Schätzwert „in Anbetracht der Komplexität und des Ausführungsgrades“ als „konservativ“. Auch die Tatsache, dass Selbstporträts rar und daher sehr begehrt sind, lässt auf einen weit höheren Verkaufspreis hoffen. Insgesamt erwartet das Auktionshaus für diesen Sale ein Ergebnis zwischen 650.000 und 985.000 Dollar (rund 600.000 bis 920.000 Euro), das Wohltätigkeitsorganisationen zugutekommen soll.

Bei den Drucken rangiert „Nu sur chaise de repos sur fond moucharabieh“ aus dem Jahr 1922 mit einem Schätzwert von 15.000 bis 25.000 Dollar (14.000 bis 23.000 Euro) an der Spitze des Angebots. „Diese Lithografie demonstriert Matisses Fähigkeiten bei der Darstellung des skulpturalen Akts sowie seine charakteristische Verwendung von Mustern, indem er Blumen, Streifen und Moucharabieh-Gitter zu einer dynamischen Komposition mischt“, erläutert Expertin Morel. Generell suchen Sammler bei Arbeiten auf Papier meist nach den Schlüsselthemen des Künstlers, also Akte, Porträts, Blumen und Strichzeichnungen.

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