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„Gefährden Standort Österreich“
Karl-Heinz Strauss, CEO Porr
© Pepo Schuster, austrofocus.at

Interview mit Karl-Heinz Strauss

„Gefährden Standort Österreich“

Porr-Chef Karl-Heinz Strauss über die erwartete Entwicklung der Baukosten, überzogene Lohnerhöhungen und genug Aufträge für die nächsten zehn Jahre.

Von Robert Wiedersich

03.01.2023

Karl-Heinz Strauss (62) führt seit 2010 die Porr und ist auch Miteigentümer des ältesten Unternehmens, das durchgehend an der Wiener Börse notiert.

GEWINN: Die Baupreise im Hochbau waren im Herbst 2022 um 16 Prozent höher als ein Jahr zuvor, vor allem getrieben von den Materialpreisen. Rechnen Sie mit einer Entspannung?

Strauss: Wir haben den Peak bei den Materialpreisen schon überschritten. Bei Stahl waren wir in Deutschland bei 1.800 Euro die Tonne, jetzt sind wir bei 950 bis 1.000 Euro. Da ist noch Spielraum nach unten drinnen, auch wenn wir nicht mehr auf die 450 Euro zurückkehren werden, wo wir vor einigen Jahren waren. Das sehen wir bei den meisten Materialien.
Die Materialien sind aber nur ein Thema der Preissteigerungen. Dazu kommen steigende Zinsen. Wer schon länger im Geschäft ist, weiß aber, dass wir in der Vergangenheit sogar mit neun bis zehn Prozent Zinsen noch gut gewirtschaftet haben. Drei oder vier Prozent sollten eigentlich etwas Normales sein. Es rechnet sich halt nicht mehr jeder Unsinn. Wenn ich hingegen keine Zinsen zahle, kann ein Immobilienprojekt noch so unsinnig sein. Irgendwann wächst sein Wert in den Markt hinein, wenn man nur ­lange genug durchhält.

GEWINN: Zu den hohen Material­preisen und den steigenden Zinsen kommen jetzt noch die starken Lohnerhöhungen.

Strauss: Sie kommen zur Unzeit. Die Gewerkschaften argumentieren mit Preissteigerungen, die es abzugelten gilt, vor allem bei Energie. In Österreich wurden in einer Art Vollkaskomentalität aber viele Kostensteigerungen bereits von der Regierung abgegolten – vom Klimabonus bis zur Strompreisbremse. Das müsste bei den Forderungen berücksichtigt werden. Wir haben heute Lohnsteiger­ungen zwischen sieben und neun Prozent. Wenn wir die Löhne zu stark erhöhen, setzt das eine Lohn-Preis-Spirale in Gang wie in den 1970er-Jahren in den USA. Wir gefährden damit nachhaltig den Standort Österreich. Gemeinsam mit den hohen Energiepreisen riskieren wir eine Deindus­trialisierung Europas. Dann können wir uns den Sozialstaat, den wir uns in den letzten 50 Jahren mühsam erarbeitet haben, nicht mehr leisten.

GEWINN: Kann Bauen 2023 trotzdem günstiger werden?

Strauss: Ja. Trotz Lohnerhöhungen und hohen Energiepreisen. Die Preise werden wieder moderater, weil die Nachfrage zurückgeht. Das ist grundsätzlich etwas Positives, weil es die ­Inflation zurückdrängt. In der Bauindustrie haben wir eine heiße Phase. Baufirmen und Subunternehmen sind überausgelastet. Wenn da eine Normalisierung einkehrt, ist das für alle vorteilhaft.

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