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Interview
„Möglich, dass 2025 die US-Märkte negativ und die europäischen Börsen positiv überraschen“
Der Name Rothschild ist in Österreich bestens bekannt, doch die gleichnamige Schweizer Privatbank mit der dazugehörigen Vermögensverwaltung ist den meisten heimischen Anlegern noch kaum ein Begriff. Dabei zählen einige der aktiv verwalteten Fonds aus dem Hause Rothschild zu den besten in ihren jeweiligen Kategorien. Regine Wiedmann, Head of Distribution für die D-A-CH-Region, erklärt, was Bank und Fondsgesellschaft außer dem schillernden Namen aus ihrer Sicht noch besonders macht. Und Benjamin Melman, Global Chief Investment Officer bei Edmond de Rothschild Asset Management, beschreibt die wichtigsten Punkte, die Anleger 2025 beachten sollten.
GEWINN: Herr Melman, was könnten die Haupttreiber für Investitionen im heurigen Jahr sein? Wo liegen die größten Risiken und Potenziale für Investoren 2025?
Melman: Ich möchte gleich einmal mit einer großen Unbekannten starten, die aktuell eine Prognose so schwierig macht, und zwar mit den Inflationserwartungen in den USA. Es wird sich zeigen, ob es der US-Notenbank gelingt, die „berühmte letzte Meile“ zu gehen bzw. die Inflation von aktuell drei auf die angepeilten zwei Prozent zu senken.
GEWINN: Was macht dieses Unterfangen in den USA so schwierig?
Melman: Es gibt vier Gründe, die dagegen sprechen, dass eine weitere Absenkung der Inflation gelingen könnte: erstens das hohe Budgetdefizit im US-Haushalt, das auf sieben Prozent ansteigen sollte. Zweitens könnte die Unabhängigkeit der US-Notenbank Fed unter einem Präsidenten Trump gefährdet sein. Es bleibt aus heutiger Sicht unklar, ob er versuchen wird, die Unabhängigkeit der Fed in gewisser Weise zu untergraben. Drittens könnte die von Donald Trump angekündigte Massendeportation von illegalen Migranten die Lohnentwicklung und damit die Inflation befeuern. Bisher gelang in den USA das Kunststück, dass durch die Zuwanderung günstiger Arbeitskräfte die Situation am Arbeitsmarkt trotz des starken Wirtschaftswachstums entspannt geblieben ist. Dieses Kunststück würde mit einem schrumpfenden Angebot an Arbeitskräften ungleich schwieriger werden. Und zu guter Letzt könnten die von Trump angekündigten Importzölle die Inflation und die Inflationserwartungen erhöhen. Solange wir also keine Klarheit darüber haben, was Donald Trump umsetzen wird, ist die weitere Entwicklung der Inflation schwer abschätzbar.
GEWINN: Was bedeutet das für die Aktienmärkte?
Melman: Aktuell sind die US-Aktienmärkte noch sehr stark unterwegs. Im Jahr 2024 hat etwa der US-Aktienindex S&P 500 den europäischen Aktienindex MSCI EMU um mehr als 20 Prozentpunkte outperformt. Und das, obwohl der Euro in diesem Zeitraum zum US-Dollar deutlich verloren hat. In der Regel entwickeln sich aber europäische Aktien, wenn der Euro in Relation zum Dollar fällt, besser. 2024 war das hingegen nicht der Fall. Und wenn man die Bewertung des europäischen Aktienmarkts anschaut, zeigt sich aktuell ein historisch hoher Abschlag gegenüber US-Aktien. Es gibt erfahrungsgemäß zwar immer einen Abschlag für europäische gegenüber den US-Börsen – aber er war noch nie so groß wie jetzt.