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Test: Die ersten „KI-Notebooks“
Dell Latitude 7455, HP Elitebook Ultra G1q und Lenovo Thinkpad T14s G6. Die Neural Processing Unit (NPU) macht den Unterschied.
© Dell, HP – Hewlett Packard, Lenovo

KI-Notebooks

Test: Die ersten „KI-Notebooks“

Um die Tools der künstlichen Intelligenz auf einem Notebook sinnvoll zu nutzen, braucht es spezielle Prozessoren. GEWINN hat die ersten KI-Notebooks auf Basis der ARM-Architektur einem Praxistest unterzogen.

Von Herwig Wöhs

05.11.2024
Exklusiv für GEWINN-Abonnenten

Kurze Retrospektive: Das erste Erlebnis mit einem KI-Tool und einem normalen Notebook wurde für viele schnell zur Schlafnummer. Die Antworten dauerten, und nach 30 Minuten war der Akku halb leergesaugt.

Und heute? Gibt es die ersten auf KI spezialisierten Rechner – auch wenn die Definition, was einen KI-PC ausmacht, sehr schwammig ist. Aber üblicherweise gilt ein aktueller Windows-11-tauglicher PC mit modernem Prozessor, eigener Graphics Processing Unit (GPU) und, neu, einer Neural Processing Unit (NPU) als KI-PC. KI-Notebooks werden mit einer CPU ausgeliefert, die diese NPU enthält, um die KI-spezifische Leistung des Systems zu steigern. Diese Mehrleistung, die aber die Laufzeit nur wenig beeinflussen soll, wird etwa bei Deep-Learning-Funktionen oder KI-Arbeitslasten benötigt, die nicht in der Cloud, sondern lokal ausgeführt werden. 

Spezielle KI-Prozessoren gibt es von Intel (AI Boost), AMD (Ryzen AI) und vor allem von Qualcomm (den auf einer ARM-Architektur basierenden Snapdragon X). Die KI-Laptops der Hersteller, die von Microsoft als Copilot+ „zertifiziert“ sind, gibt es nicht nur als erste Testgeräte. Wer also heuer noch die AFA anteilig steuerlich nutzen will und mit der Anschaffung eines neuen Copilot+-Laptops liebäugelt, findet bereits aus­reichend lieferbare Rechner aller ­Hersteller und Preisklassen. 

Messkriterium TOPS

Tera Operations per Second (TOPS) ist die neue Messgröße, die verwendet wird, um die Leistung dieser Neural Processing Units (NPUs) in KI-PCs zu messen und auch zu bewerben. TOPS sind keine perfekte Messgröße, denn viele Variablen beeinflussen im Gesamtsystem, wie gut es KI-Aufgaben bewältigen kann. Trotzdem haben sich die TOPS als Vergleichsgröße etabliert und geben einen guten Überblick über die Geschwindigkeit einer NPU.

NPUs wiederum sind auf das Gesamtsystem optimiert und bieten eine höhere Leistung als nur die CPU, der Prozessor oder die Grafikkarten. Die leistungsstarke Desktop-Grafikkarte (GPU) RTX 4090 von Nvidia bietet zum Beispiel mehr als 1.300 TOPS für Spiele oder zur Beschleunigung von KI-Aufgaben, das verbraucht dann konsequenterweise viel Strom, der in ­mobilen Umgebungen wie einem Notebook nicht zur Verfügung steht. Der Vorteil der NPU ist der minimale Stromverbrauch durch maximale ­Recheneffizienz, allerdings können NPUs nicht für „normale“ Aufgaben ­eines Laptop genutzt werden. Und last, but not least: Programmierer von Software für NPUs sind (noch) Mangel­ware und müssen sich erst weiterbilden und qualifizieren. Auch die Ent­wicklertools zur Unterstützung der Programmierer stecken noch in der Anfangsphase. 

GPUs können Tausende von Rechenaufgaben gleichzeitig und pa­rallel durchführen, was in der Ver­gangenheit beim Hype zum Minen von Kryptowährungen die Preise für Grafikkarten in lichte Höhen getrieben hat. Und jetzt, in der Boomphase von KI, kommen Grafikkarten in Serverfarmen etwa bei der Bildverarbeitung durch KI und beim Training und im Betrieb neuronaler Netze wieder ­massenweise zum Einsatz.

Gut zu wissen vor dem Kauf

Ein KI-Notebook sollte dann angeschafft werden, wenn derzeit schon zur Verfügung stehende Funktionen der künstlichen Intelligenz zum Einsatz kommen sollen oder geplant sind. Das sind „maschinelles Sehen“ wie Bildklassifizierung, Objekterkennung (entweder in Bildern oder Videos), Bildsegmentierung und Bildrestaurierung, beliebt ist z. B. das Herauslöschen von störenden Objekten aus Fotos. Störende Personen am Strandfoto werden einfach mit dem Zeigefinger eingekreist, und die KI löscht die Personen und fügt passgenau einen neutralen Hintergrund ein. Zweites großes Anwendungsfeld sind die Verarbeitung von Sprache und natürlicher Sprache (Natural Language Processing, NLP), die Spracherkennung und Sprachübersetzung sowie Text-zu-Sprache. Ich selbst nutze die KI-Simultanübersetzung etwa bei einer Videokonferenz oder sogar bei Bedarf die ersten Gehversuche der KI, zu dolmetschen.

„Inhaltsanalyse, Filter und Moderation“ ist der Anwendungsbereich, wenn die KI z. B. den Geschäftsbericht 2022 mit dem von 2023 vergleichen soll. Zusammenfassungen von Internetseiten oder Dokumenten, vor allem wenn viel Fülltext verwendet wird, helfen, im täglichen Arbeitseinsatz ­effizienter zu werden. „Mach eine ­Zusammenfassung auf einer Seite“ ist mein häufigstgenutzter Prompt für die KI. Wer gutes „Prompting“ beherrscht, also Aufträge an die KI bestmöglich formuliert, wird mit besseren Ergebnissen belohnt. Als Prompt Engineering wird der Prozess des Schreibens, Verfeinerns und Optimierens von Eingaben an die generative KI bezeichnet. Mein Lieblingstool dazu ist der Prompt Generator For ChatGPT, eine Alternative z. B. Promptflow.

Nicht zuletzt kann KI im Bereich Personalisierung eingesetzt werden, um personalisierte Inhalte oder Produkte auf der Grundlage früherer Benutzeraktivitäten und Referenzen bereitzustellen, und bei der „Muster- und Anomalie-Erkennung“ hilft die KI, bestimmte Muster bzw. das Abweichen davon zu erkennen. Beim Durchforsten eines einfachen Einnahmen/Ausgaben-Excel findet die KI z. B. Zifferndreher oder ungewöhnliche Beträge.

Das Ende von Windows 10

Ein Hinweis: Wer noch am Laptop Windows 10 nutzt, muss spätestens in knapp einem Jahr auf Win11 umsteigen, da Windows 10 nicht mehr gewartet wird. Da viel ältere Hardware aber nicht Win11-tauglich ist, muss dann sowieso ein neuer Laptop her, warum dann nicht einen kaufen, dessen ­Prozessor KI unterstützt?

HP Elitebook Ultra G1q
HP Elitebook Ultra G1q© HP – Hewlett Packard

HP Elitebook Ultra G1q

Das Elitebook Ultra ist als Business-Notebook konzipiert und sticht mit der Farbe „Atmosphere Blue“ aus dem HP-typischen Silberreigen heraus. Auch hier ist Windows auf einer ARM-Plattform implementiert, Power gibt der Snapdragon X Elite X1E-78-100 SoC. An Privatanwender richtet sich das Schwestermodell Omnibook X 14. Das Gehäuse besteht zu 50 Prozent aus recyceltem Plastik und Aluminium, HP-typisch wippt das Scharnier des Displays beim weiten Öffnen etwas nach. HP hat noch einen USB-A-Anschluss verbaut (einmal USB-4). Ab rund 1.950 Euro gibt es das KI-Notebook mit einem entspiegelten 14-Zoll-Display (2.240 mal 1.400 Pixel), das nur bis zu 400 Nits Helligkeit bietet. Die Webcam löst mit 5 MP auf, mit 1,34 Kilo Gewicht trägt das Elitebook nicht auf, die Akkulaufzeit mit bis zu 13 Stunden ist eine der Stärken der ARM-Maschinen. Die Windows-Studioeffekte verbessern KI-basiert Bild und Ton. Voice ­Focus filtert Hintergrundgeräusche heraus und verbessert die Wahrnehmung von Stimmen, die Lichtverhältnisse im Hintergrund werden optimiert und Ablenkungen verschwommen dargestellt, sodass der Focus immer auf den Sprecher gerichtet ist.

Lenovo Thinkpad T14s G6
Lenovo Thinkpad T14s G6© Lenovo

Lenovo Thinkpad T14s G6

Das T14s der sechsten Generation ist ab 1.730 Euro erhältlich und ein echtes Arbeitstier, das bis zu 24 Stunden Laufzeit aufweist. Das liegt auch an der Verwendung des stromsparenden IPS-Displays mit „nur“ 1.920 mal 1.200 Pixel Auflösung (WUXGA). Wahlweise nur mit Windows 11 Home oder Pro ausgerüstet, kann die Speichergröße beim Kauf konfiguriert werden. Mit 1,24 Kilo und der Akkudauer bietet sich das T14 für mobile Einsatzzwecke an. Seit Juni steht die Copilot+-Umgebung vorinstalliert bereit, wer eine Funktion wie Cocreator am Laptop nutzen will, muss nur die Funktion aufrufen, und beim ersten Mal wird das KI-Modell lokal heruntergeladen. Weitere Funktionen wie z. B. Recall werden über Updates nachgereicht, Recall findet dann in vom Anwender genutzten Dateien, E-Mails und Websites genau jene Inhalte, nach denen gesucht wird. 

Copilot+-kompatible Endgeräte gibt es auch von Microsoft selbst mit dem ab 1.650 Euro erhältlichen Surface Pro 11. Rund 1.300 Euro kostet das Asus Vivobook S 15, das den kleineren Snapdragon-Prozessor verwendet. Fans der Marke Acer müssen rund 1.000 Euro für das Acer Swift AI SF 14 auf den Tisch legen.


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