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Fokus
Vorsprung durch Masse
Eigentlich hatte es die chinesische Führung schon aufgegeben, entsprechend ihrem wirtschaftlichen Siegeszug auch im Autobau zur führenden Weltmacht aufzusteigen – zu groß schien der Vorsprung der etablierten Autokonzerne aus Japan, den USA und nicht zuletzt Deutschland. Die stark wachsende Nachfrage nach Autos in China wurde in der Vergangenheit zum großen Teil von ausländischen Unternehmen gedeckt, die dort lange Zeit fröhliche Urständ feiern konnten, während in den Heimatmärkten die Umsatzzahlen stagnierten. Insbesondere im Premiumsegment galt lange das Motto: „Wer es sich leisten kann, kauft Autos made in Germany.“
Karten werden neu gemischt
Doch mit dem Wechsel zum elektrisch betriebenen Auto werden die Karten im globalen Autosektor neu gemischt, und China will diesen Umbruch nutzen, um seine wirtschaftliche Stärke endlich auch im Automarkt ausspielen zu können. Doch wie es scheint, führt der Weg zur Weltmacht über ein „Tal der Tränen“ für chinesische Autobauer: Derzeit werden die Schlagzeilen über den chinesischen Automarkt von Preisnachlässen und von jungen chinesischen E-Auto-Bauern, die reihenweise in Schieflage geraten, dominiert.
Ist somit die Gefahr für die etablierten Autoexportländer gebannt? Keineswegs, glaubt Stefan Bauknecht, Senior Automotive Analyst bei DWS: „Nachrichten von finanziellen Schieflagen im chinesischen Autosektor sollten die westlichen Autobauer in keinster Weise beruhigen. Es ist vielmehr Teil der Reifung des jungen Sektors. Übrig bleiben dürfte am Ende eine Handvoll starker Firmen. An der Entschlossenheit Pekings, in diesem Industriesegment die globale Führung anzustreben, zweifle ich keine Sekunde.“
Westliche Autobauer sind damit doppelt negativ betroffen: Erstens können sie nicht mehr davon ausgehen, dass sie von dem Wachstum am chinesischen Automarkt in dem Ausmaß wie bisher profitieren können. Und zweitens könnten die erstarkten chinesischen Fabrikanten mit konkurrenzfähigen E-Autos auch im Export punkten und den bisherigen Platzhirschen Anteile in ihren Heimatmärkten streitig machen.