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Interview mit Stefan Winkler und Alfred Kober
„Wir versuchen nicht, das perfekte Timing zu erwischen“
GEWINN: Nach einem überraschend starken Start ins Börsenjahr 2023 haben Bankenpleiten wieder für Turbulenzen und negative Schlagzeilen gesorgt. Müssen sich Anleger Sorgen machen?
Winkler: Wir befinden uns in einem Stressszenario für Banken. Denn nach einer Niedrigphase, in der es zehn Jahre lang so gut wie keine Zinsen gab, sind diese im vergangenen Jahr stark gestiegen. Dieser starke Zinsanstieg kann bei Banken Probleme verursachen. Bei den angesprochenen Banken handelte es sich aber letztendlich um sehr unterschiedlich gelagerte Fälle.
Kober: Zwar haben viele Anleger die Zinsen wieder herbeigesehnt, aber möglicherweise nicht in diesem Tempo, das die Notenbanken im Kampf gegen die Inflation vorgegeben haben. Vermutlich tun die Notenbanken jetzt einmal gut daran, einfach abzuwarten, wie erfolgreich die Geldpolitik gegen die Inflation ist und welche Folgen dieser steile Zinsanstieg möglicherweise noch hat. Denn schön langsam tauchen ja hier und dort Probleme auf.
GEWINN: Nach der Finanzkrise 2007/08 wurden ja deutlich strengere Regeln und höhere Eigenkapitalquoten für Banken vorgeschrieben. Haben diese ihre Wirkung verfehlt?
Winkler: Banken haben mittlerweile deutlich höhere Eigenkapitalquoten als vor der Finanzkrise, aber im Vergleich zu anderen Branchen sind sie immer noch sehr gering. Somit hängen Banken immer noch stark von der Refinanzierung ab. Und wenn diese schlagartig deutlich teurer wird, funktioniert das Geschäftsmodell unter Umständen nicht mehr. Außerdem helfen die höheren Eigenkapitalquoten nur dann, wenn eine Bank wirklich abgewickelt wird, weil dann mehr Kapital da ist, um die entsprechenden Forderungen zu bedienen, aber für eine Aufrechterhaltung des laufenden Bankgeschäfts reicht das in der Regel nicht aus.