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Wiener Börse
Der große Aktiencheck
„Hoch werd’ ma’s nimmer g’winnen“ – das legendäre Zitat des Fußball-Nationalspielers Toni Pfeffer, als Österreich 1999 gegen Spanien schon zur Halbzeit 0: 5 zurücklag, lässt sich wohl auch auf die Wiener Börse im Jahr 2022 umlegen. Mit einem Kursrückgang von rund 30 Prozent im Vergleich zum Jahresbeginn startete der heimische Leitindex ATX ins letzte Quartal des heurigen Jahres.
Anders als das österreichische Fußball-Nationalteam war der Index zuvor jedoch weltmeisterlich unterwegs gewesen: Der heimische Aktienmarkt beendete das Jahr 2021 – das 250. Jubiläumsjahr der Wiener Börse – nicht weniger als rund 40 Prozent im Plus. Damit hatte der ATX mehr als doppelt so stark zugelegt wie beispielsweise der DAX oder der Dow Jones und suchte auch weltweit seinesgleichen.
Gewinnmitnahmen schienen danach aus Sicht der Aktionäre verlockend – zumal das Umfeld für die Börsen heuer denkbar ungünstig ist. Weltweit drücken hohe Inflationsraten, Konjunktursorgen und Zinserhöhungen in wichtigen Märkten sowie der Ukraine-Krieg mitsamt seinen Auswirkungen auf die Energiepreise die Stimmung an den Finanzmärkten.
In Wien steppt der russische Bär
Wien wurde zudem die Nähe zu Russland zum Verhängnis – nicht nur im geografischen Sinn: Viele österreichische Unternehmen sind in Russland stark engagiert bzw. waren es bis vor Kurzem noch.
Dafür wurden sie heuer an der Börse besonders hart abgestraft, was beispielsweise das empfindlich hohe Kursminus der Raiffeisen-Aktie oder auch die enttäuschende Kursentwicklung der OMV erklärt. Letztere kam noch dazu vor dem Hintergrund eines an sich starken Branchenumfelds zustande – Öl- und Gaskonzerne zählen im bisherigen Jahresverlauf weltweit zu den wenigen Gewinnern.
Auch andere börsennotierte Konzerne wie Uniqa, Vienna Insurance Group (Wiener Städtische) oder Warimpex sind in Russland aktiv. Der Immobilienentwickler Warimpex wurde von einigen Finanzdienstleistern sogar als sanktioniertes Unternehmen eingestuft, obwohl er nicht auf den Sanktionslisten der USA oder EU steht. Der Grund: Gewisse Mieter des Unternehmens (konkret Gazprom) befinden sich sehr wohl auf der US-Sanktionsliste.
Jedenfalls steht die Causa stellvertretend für das aktuell größte Problem der Börse Wien: Das Thema Russland hat in Wien weit mehr Bedeutung als in anderen Märkten, und das gefällt vor allem amerikanischen Investoren gar nicht. „Man muss wissen: In Wien kommen im Schnitt ca. 75 Prozent der Umsätze von Auslandsinvestoren. Und die halten sich aktuell zurück, vor allem die Amerikaner“, bestätigt Alois Wögerbauer, Geschäftsführer und Fondsmanager der 3-Banken-Generali Investment-Gesellschaft. Obendrein führt Wögerbauer Defizite beim Branchenmix ins Treffen: „Was erschwerend dazukommt, ist, dass in Wien nach wie vor defensive Titel, etwa aus den Bereichen Nahrung oder Gesundheit sowie Digitalisierung weitgehend fehlen“.
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