Hauptinhalt
Fehlende Quadratmeter
Falsch ausgemessen
„Ein Wohnhaus in guter Wiener Lage wurde von einem Bauträger saniert, die Wohnungen danach abverkauft. Ein Käufer ließ seine laut Kaufvertrag 140 Quadratmeter große Wohnung zur Sicherheit nach dem Kauf vermessen. Da stellte sich heraus, dass diese nur 131 Quadratmeter groß war. Bei einem Quadratmeterpreis von knapp 7.000 Euro machte das über 60.000 Euro Differenz zum Kaufpreis“, schildert Hanns Schubert einen Fall aus der Praxis. Der Gerichtssachverständige für Vermessung wird oft gerufen, wenn Käufer, Mieter oder Eigentümer die Größe ihrer Immobilie laut Plan oder Vertrag anzweifeln.
Diese Zweifel sind angebracht, ist Schubert nach Jahrzehnten im Vermessungswesen überzeugt: „Bei Kauf, Verkauf und Miete von Gebäudeflächen gibt es oft unglaubliche Differenzen zwischen der Realität und den Vertragsinhalten. Nur ist das selbst vielen Immobilienprofis nicht bewusst.“ Selbst bei Bewertungsgutachten wird laut Schubert selten vor Ort nachgemessen. In vielen Fällen würden sich die Gutachter auf bestehende Pläne verlassen, die oft jahrzehntealt sind.
Alte oder falsche Pläne sind die häufigste Fehlerquelle. „Es wurde einfach auf die Änderung des Plans vergessen, wenn Zubauten oder Umbauten gemacht oder Wände versetzt wurden. Häufig passieren diese Änderungen schon während der Bauphase. Auch wenn es um Förderungen geht, stimmen Plan und Natur oft nicht überein. Wenn die Bestimmungen sagen, dass es nur bis 130 Quadratmeter Wohnnutzfläche eine Förderung gibt, stehen auf dem Einreichplan genau 129 Quadratmeter. In Wirklichkeit werden dann aber 150 Quadratmeter gebaut. Oft steckt aber bei falschen Flächenangaben keine betrügerische Absicht dahinter“, sagt Schubert.
Bevor Sie jetzt aber das Maßband aus der Schublade holen und in Ihrer Wohnung nachmessen, beantworten wir mit Experten die wichtigsten Fragen zum Thema falsche Flächen und welche Auswirkungen das auf Kaufpreise, Mieten und Betriebskosten haben kann.
Wie kann man falsche Flächenangaben aufdecken?
Die meisten Mieter und Käufer messen nicht nach und bemerken Abweichungen nicht. Rechtsanwalt Daniel Richter von der Kanzlei Joklik Katary Richter empfiehlt bei Eigentumswohnungen auf jeden Fall die Angaben aus dem Nutzwertgutachten mit jenen der Baupläne und den tatsächlichen Flächen zu vergleichen.
Ob die Pläne den Naturmaßen entsprechen, ist für den Laien aber oft nur bei groben Abweichungen erkennbar. Auch wer zum Maßband greift, würde oft zu sehr ungenauen Ergebnissen kommen, sagt Sachverständiger Schubert: „Die genaueste Methode ist ein Laserscan.“ Dabei erstellt der Vermesser mit einem tragbaren Gerät ein 3D-Modell des Objekts. „Für eine 100 Quadratmeter große Wohnung kostet das unter 1.000 Euro. Bei größeren Flächen sinken die Kosten auf rund drei Euro pro Quadratmeter.“ Schubert empfiehlt, die ganze Wohnung nachzumessen. Stichproben reichen nicht.
Im anfangs beschriebenen Fall hat sich das Nachmessen für den Käufer jedenfalls ausgezahlt. Er erhielt die 60.000 zu viel bezahlten Euro zurück.