Hauptinhalt
OGH-Urteile
Faustschlag als Notwehr
Ein alkoholisierter junger Mann mit 1,3 Promille im Blut traf auf einen alten Schulkollegen, machte sich über diesen lustig und provozierte ihn. Ausgesprochen aggressiv forderte er ihn zum „Faustkampf“ auf, schubste und verfolgte ihn, als dieser zu flüchten versuchte. Eine erste Ohrfeige des Angreifers konterte der Verfolgte mit einem leichten Faustschlag, beim zweiten Mal schlug er dem Verfolger allerdings stark mit der Faust ins Gesicht, wodurch dieser eine Kieferhöhlenwandfraktur erlitt. In der Folge brachte der verletzte Aggressor Klage auf Schadenersatz ein.
Der OGH (1 Ob 137/24i) stellte das klageabweisende Urteil des Erstgerichts wieder her, das auf Notwehr entschieden hatte. Dass sich der Beklagte in dieser Situation mit einem Faustschlag zur Wehr setzte, begründete keine verschuldete Überschreitung des ihm zustehenden Abwehrrechts, zumal er zunächst ohnehin versucht hatte, dem Angriff durch Flucht zu entgehen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger dem Beklagten körperlich an Gewicht und Größe überlegen und mit seiner Alkoholisierung unberechenbar war. Vom Beklagten konnte nicht verlangt werden, den Angriff bloß durch etwa Wegstoßen abzuwehren. Dies hätte ihn dem Risiko ausgesetzt, dass seine Abwehr nicht ausreichend effektiv gewesen wäre. Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, seine begonnene Flucht nach Verfolgung durch den Kläger fortzusetzen.