Hauptinhalt
Sneakers als Geldanlage
Gewinn mit heißen Sohlen
„Es gibt Sneakers, die kosten mehr als ein iPod.“ Auf seine eigenen Lieblingsschuhe traf Steve Jobs’ Statement seinerzeit zwar nicht zu – seine New Balance 991 kosteten im Jahr 2001 nur rund ein Viertel des 532 Dollar teuren MP3-Players. Generell stimmt die Beobachtung des Apple-Gründers aber heute mehr denn je: Auch wenn die erste iPod-Generation mittlerweile für mehrere Tausend Euro gehandelt wird, sind fünf-, sechs- und sogar siebenstellige Verkaufspreise für besonders gesuchte Sneakers schon lang keine Seltenheit mehr.
„In den vergangenen 20 Jahren hat im Sneaker-Segment eine Revolution stattgefunden“, berichtet Kenad Mujkanovic, im Wiener Kaufhaus Steffl Abteilungsleiter bei Luxusschuhen. „Früher wurde ein Turnschuh zu rein funktionellen Zwecken für sportliche Aktivitäten aller Art getragen. Heute sind Sneakers Statussymbole, in Fachkreisen sogar Investments.“
Treibende Kraft hinter der Revolution waren laut Mujkanovic „Brands, die in puncto Design außergewöhnliche Partnerschaften eingegangen sind“ – Stichwort Yeezy von Adidas in Kollaboration mit Kanye West. „Die Nachfrage nach dem heiß begehrten Modell hat im November 2015 Sneakerheads sogar vor dem Steffl kampieren und Schlange stehen lassen, um an ein Paar ranzukommen“, schildert Mujkanovic. „Für einige Drops (Verkaufsstarts, Amn.) limitierter Modelle haben wir sogenannte Raffles durchgeführt, wo das Los per Zufall entscheidet, wer den Sneaker kaufen darf.“
Hat man die Wunschsneakers ergattert, steht man vor der Qual der Wahl: selbst tragen? Zuhause neben anderen Kunstwerken zur Schau stellen? Oder sie in der Hoffnung auf spätere Wertsteigerung sicher im Safe aufbewahren? Für Letzteres muss man wissen, welche Faktoren den Preis bestimmen. „Entscheidend sind Farbgebung, Material, Marke und Edition“, weiß Mujkanovic. „Durch künstliche Verknappung, Beteiligung bestimmter Designer sowie zeitlich limitierte Kooperationen mit anderen Unternehmen steuert eine Marke gezielt den Wert eines bestimmten Modells.“ Mittlerweile suchen fast alle großen Luxuslabels die Zusammenarbeit mit Celebrities.
Bei älteren Exemplaren spielen diese Faktoren zwar auch eine Rolle, doch wesentlich mehr definieren hier Seltenheit, Zustand und Provenienz den Wert. „Die höchsten Preise erzielen Sneakers, die von einem bedeutenden Sportler in einem wichtigen Moment getragen wurden“, erklärt Brahm Wachter, Abteilungsleiter für Streetwear & Modern Collectibles bei Sotheby’s. Berühmtestes Beispiel dafür sind die Nike Air Jordan 1 der Basketball-Legende Michael Jordan: Das Paar „The One“, das der Jumpman während seiner ersten NBA-Saison trug, wurde im Mai 2020 bei Sotheby’s mit 100.000 bis 150.000 Dollar Schätzwert angeboten und spielte 560.000 Dollar ein. Im Oktober 2021 schnellte ein anderes von Jordan im Spiel getragenes Modell aus dem Jahr 1984 gar auf 1,47 Millionen Dollar. Zur Erinnerung: „Der Air Jordan 1 Chicago kostete 1985 im Handel 65 Dollar“, erinnert sich Wachter, „heute ist es fast unmöglich, ein ungetragenes Paar unter 20.000 Dollar zu finden.“ Ein Trost für Normalverdiener: Im Oktober soll das legendäre Modell als „Air Jordan 1 High OG Chicago Reimagined“ für 180 Dollar ein Comeback erfahren.
Der bislang höchste erzielte Preis für ein Paar Sneaker stammt allerdings nicht aus der Sportszene, sondern aus der Musikbranche: Bei den Grammys 2008 trug der Rapper Kanye West den Prototypen eines Nike Air Yeezy 1, der im April des Vorjahres bei Sotheby’s für 1,8 Millionen Dollar versteigert wurde.
Mögen diese Summen schon schwer nachvollziehbar sein, so geht es doch immer noch extremer: Bei StockX offerieren GodlySoles knallrote Pizza Hut Pie Tops II aus dem Jahr 2018 für 2,2 Millionen Dollar. In den Laschen der beiden Schuhe, von denen nur 50 Paare produziert wurden, befinden sich Druckknöpfe, mit denen man per Bluetooth Pizza bestellen (rechts) und den Fernseher auf Pause stellen kann (links).
Film-Fan ja, Couch-Potato nein? Dann hätten sich die Sneakers Don’t Look Up Dibiasky New Balance 550 featuring Pallasite Meteorite angeboten, die Sotheby’s und Netflix zum Kinostart 2021 auf die Buy-Now -Plattform stellten. In weniger als einer Minute war das Unikat-Paar zum Preis von 13.200 Dollar verkauft. Sotheby’s-Experte Wachter schätzt, dass sich der Wert dieses Sondermodells mittlerweile verdoppelt, wenn nicht gar verdreifacht hat, „und ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass er noch weiter steigen wird“. Steve Jobs, schau oba...