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Mobilität und Infrastruktur
Mit dem Lastenrad zurück in die Zukunft
Und als ich die Light-Limonade in den Kühlschrank stelle, fällt mir auf einmal auf, was für ein verwöhnter Pinkel aus mir geworden ist. Ich habe keine Ahnung, warum, aber ich musste plötzlich an meine Oma denken. Die hätte sich eher die Zunge rausschneiden lassen, als Light-Limonade zu trinken. Gut, sie hätte sie auch nie gebraucht. Genau wie sie, oder vielleicht auch weil sie, nie ein Auto brauchte. Sie erledigte alle Wege zu Fuß, mit dem Fahrrad und zweimal im Jahr, wenn es hoch kam, fuhr sie mit der Bahn.
Zugegeben, die Vorzeichen waren damals andere. Für die meisten Besorgungen musste sie nicht allzu weit fahren. Das Gemüse wuchs im Garten, die Eier im Nebengebäude, der Bäcker war fußläufig zu erreichen und der eine Supermarkt war recht zentral im Ort und nicht in einem künstlichen Industriegebiet am Rande der nächsten größeren Stadt. Trotzdem war es mühsam, den Wocheneinkauf auf dem Waffenrad nach Hause zu bringen. Ich erinnere mich, dass sie nur auf dem Weg zum Markt fahren konnte. Am Weg zurück hingen auf dem Lenker oft schwere Säcke, die nicht nur beim Treten, sondern auch beim Lenken hinderlich waren. Also musste sie das Rad nach Hause schieben. Einen Anhänger fürs Fahrrad hätten meine Großeltern wohl gehabt – mit dem war aber stets der Opa unterwegs. Als Maurer hatte er immer viel Werkzeug, das er mitschleppen musste. Und ich fahr mit dem Auto ins Fitness-Studio, um dort auf ein und demselben Platz Rad zu fahren, trinke Light-Limonade und werd trotzdem immer blader? Da stimmt doch was nicht.
Longjohn oder Longtail?
Das E-Lastenrad ist die Antwort auf so viele der Fragen, die ich mir in der Folge stellte. Es hat, wie ein E-Bike oder Pedelec, eine Unterstützung bis 25 km/h und, wie der Name schon sagt, man kann damit auch Lasten führen – und nicht nur ein Getränkeflascherl wie mit dem Rennrad. Es gibt Lastenräder in verschiedensten Ausführungen. Am begehrtesten sind aktuell die einspurigen Lastenräder mit der Kiste vorne. Longjohn heißen die im Fachsprech. Bei ihnen gibt es auch die größte Auswahl.
Der große Vorteil bei ihnen ist: Man hat beim Fahren das Ladegut immer im Sichtfeld und kommt nicht erst am Ziel drauf, was man unterwegs alles verloren hat. Vor allem wenn man seine eigenen Kinder mit dem Lastenrad transportiert, kann einem das, beim Kindergarten angekommen, viele Sorgen und viel Zeit des Suchens ersparen. Ja, die Kinder in Lastenrädern zu transportieren ist legal – die Hersteller kennen die individuellen Möglichkeiten und Voraussetzungen für ihre Produkte – und für die Kinder ist es eine ziemliche Hetz.
Während die Longjohns also den Markt dominieren, sind die Lastenräder mit der Kiste hinten, die Longtails, gerade im Kommen, erklärt mir Eric Poscher-Mika. Er ist Lastenradexperte und -händler aus Dornbirn. Dreiradler gibt es auch in verschiedenen Variationen: mit starrem Rahmen oder mit Schräglagenfreiheit. Die Auswahl ist also riesig. Wie die Nachfrage. Darum kann es auch bei Lastenrädern zu Lieferverzögerungen oder -schwierigkeiten kommen.
2020 erklärte der Verband der Sportartikelerzeuger und Sportausrüster Österreichs, dass sich bei uns die Verkaufszahlen von Lastenrädern mit 900 Stück im Vergleich zu 2019 mehr als verdoppelt haben. Aktuellere Zahlen gäbe es derzeit nicht, aber der Trend setze sich fort, sagt Eric Poscher-Mika. Und das, obwohl die Preise für solche Räder, na, sagen wir, durchaus geschmalzen sind. „4.000 bis 5.000 Euro sollte man schon investieren – um, sagen wir, 6.000 Euro bekommt man sogar ein richtig gutes Lastenrad.“ Da reden wir bereits von einem Lastenrad mit E-Unterstützung. Und die elektrische Hilfe ist aus zwei Gründen gut.