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Börsen-Boom
„Spektakuläre Ereignisse haben die Tendenz, übertriebene Kursreaktionen hervorzurufen“
GEWINN: Trotz Inflation, geopolitischer Konflikte und einer schwachen konjunkturellen Entwicklung ging es an den Börsen seit Jahresbeginn kräftig nach oben. Nehmen hier die Investoren eine wirtschaftliche Erholung und ein Ende der Zinsanhebungen vorweg oder tappen wir hier kollektiv in eine Anlegerfalle?
Frühwirth: Wir sehen derzeit vermutlich eine Kombination von fundamental gerechtfertigter und übertriebener Hausse – ähnlich wie es beim Covid-Crash im Frühjahr 2020 der Fall war, nur diesmal eben in die andere Richtung. Beobachtet man die Kursentwicklungen am Kapitalmarkt, stellt sich immer die Frage, wann welche zukünftigen Entwicklungen in die Kurse eingepreist waren. So zeigt sich z. B., dass ein großer Teil der Fundamentalwertverluste schon im Jahr 2022, insbesondere nach Beginn des Ukraine-Kriegs, vorweggenommen wurde. Die Behavioral-Finance-Literatur belegt irrationale Übertreibungen in beide Richtungen. Insbesondere unerwartete und spektakuläre Ereignisse, wie z. B. der Ausbruch einer Covid-Pandemie oder des Ukraine-Kriegs, haben die Tendenz, übertriebene Kursreaktionen hervorzurufen. Wenn nun der Kursrückgang im Jahr 2022 „zu stark“ war und „der Markt“ später bemerkt hat, dass man zu pessimistisch war, liegt es auf der Hand, dass die Preise danach wieder steigen sollten. Man sagt auch: Die Preise konvergieren langfristig zu den Fundamentalwerten („Mean Reversion“). So kann eine Situation entstehen, dass die Kurse trotz einer schwierigen Situation steigen – einfach weil davor eine noch schwierigere Situation eingepreist war. Natürlich kann es ebenso sein, dass der Markt im Moment gerade zu optimistisch ist und die Anleger nur das sehen, was sie sehen wollen. Das wäre dann eine Kombination der beiden häufigen Anlegerfehler „Überoptimismus“ und „Bestätigungsfehler“.
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