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Geld zurück
Versteckte Kickbacks im Fonds
Versteckte Kickbacks sind eine heikle Sache. Grundsätzlich muss jeder Kunde vorab darüber informiert werden, dass solche Rückvergütungen von der Fondsgesellschaft an den Vermittler des Fonds fließen, bezahlt aus dem Vermögen des Anlegers. Ist das nicht der Fall, so haben bei geschlossenen Fonds Gerichte bis hinauf zum Obersten Gerichtshof (OGH) bereits mehrmals entschieden, dass solche Kickbacks (sie heißen auch Bestands-, Behalte-, oder Vermittlungsfolgeprovision) an die Kunden herausgegeben werden müssen, Verzugszinsen inklusive.
Was bisher weniger bekannt ist: Solche Kickbacks werden auch häufig dann geleistet, wenn Banken an ihre Kunden ganz normale Investmentfonds vermittelt haben.
Wer erst seit 2018 Fonds über seine Bank veranlagt, wurde darüber aber üblicherweise ordnungsgemäß informiert. Denn 2018 trat das neue Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG) in Kraft, welches Banken ausdrücklich verpflichtet, ihren Kunden unmissverständlich sämtliche Provisionen offenzulegen – „und seither tun sie das auch“, so Rechtsanwalt und Univ.-Prof. Max Leitner, Partner bei Leitner & Häusler. Der Passus einer „Behalteprovision“ o. ä. wird heutzutage vom Kunden beim Abschluss mitunterschrieben.
„Bei Verträgen vor 2007 stand dagegen meist gar nichts im Vertrag, selbst wenn man das Kleingedruckte durchgelesen hat. Danach bei Abschlüssen bis 2017 gab es teils erste Informationen, aber auch diese waren meist zu unbestimmt“, betont Rechtsanwältin Mara-Sophie Häusler, Partnerin bei Leitner & Häusler. Mit dem Ergebnis, dass diese Provisionen, die ohne Zustimmung vom Geld der Kunden abgeliefert wurden und werden, zurückgefordert werden können.
Jährlich 0,4 bis 0,8 Prozent
Wer nun denkt: „Schwamm drüber“, sollte wissen: „Jährlich wurden so meist zwischen 0,4 und 0,8 Prozent an Kickbacks ohne das Wissen des Kunden aus dem Bestand abgeführt“, so Leitner. „Aus dem Bestand“ heißt aus der investierten Summe, nicht bloß von den Zugewinnen. Bei moderaten 0,5 Prozent Kickback sind das bei 1.000 Euro im Bestand jährlich fünf Euro. Über die Jahre summiert sich das. „Ein typisches Portfolio wächst, in einem Fall war es nach 25 Jahren 400.000 Euro wert, davon waren alleine 30.000 Euro an versteckten Kickbacks abgeführt worden“, schildert Leitner.
Aber wenn vor 2018 das WAG nicht so streng war, warum durften Banken trotzdem auch davor keine Kickbacks einstreifen? Das liegt daran, dass seit gut 200 Jahren im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) die Pflichten eines Auftragnehmers (in §1009) festgelegt werden. Diese besagen, so Häusler: „Alles, was ein Auftragnehmer – hier die Bank – erhält, muss dem Auftraggeber, das heißt, dem Kunden, zufließen.“ Darauf stützen sich nun Rechtsanwälte, die für ihre Kunden diese Kickbacks zurückfordern wollen. Mit guten Aussichten, denn der OGH hat, so Leitner, längst entschieden, dass das Auftragsrecht auf solche Kickback-Fälle anwendbar sei. Das Beste an der Auftragnehmerhaftung, ergänzt Häusler: „Der Anspruch verjährt erst nach 30 Jahren.“ Er steht auch dann noch zu, wenn man sein Depot inzwischen aufgelöst hat. Und wie üblich können gesetzliche Zinsen verrechnet werden.
Was, wenn die Fonds noch vor 2018 gekauft wurden, jedoch die Bank nun behauptet, dass man dazu ohnehin 2018 nachträglich informiert wurde? „Hat man damals nicht ausdrücklich zugestimmt, hat es keine Vertragsänderung gegeben, denn Schweigen ist bei Privatanlegern keine Zustimmung“, so Häusler.
Bleibt noch eine Frage offen: Wenn die Bank im Nachhinein trotz Aufforderung die heimlichen Kickbacks nicht zurückzahlt, was oft der Fall sein wird – ab wann zahlt sich eine Klage aus, wenn man die Anwaltskosten gegenrechnet? „Üblicherweise ab einem höheren fünfstelligen Betrag am Fondsdepot“, so Häusler.