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OGH-Urteile

Blindentestament

Von Stephanie Kulhanek und Judith Siegmund

30.08.2022
blinde Frau beim Testament besprechen
© yacobchuk - GettyImages.com

Die Erblasserin war stark sehbehindert. Sie errichtete auf einer A4-Seite ein aus fünf Punkten bestehendes Testament, das eine der drei ­anwesenden Testamentszeuginnen vorlas. Die beiden anderen Zeuginnen unterschrieben einfach, ohne den Text zu lesen oder den Inhalt zu kontrollieren. Der OGH entschied, dass dieses Testament unwirksam ist (2 Ob 48/22f), weil Testamentszeugen nicht nur die Echtheit, sondern auch den Inhalt bezeugen sollen. Dadurch sollen Unterschiebungen und Fälschungen verhindert sowie die Übereinstimmung von Text und Vorgelesenem ­gesichert werden. Auch wenn der Gesetzeszweck keine Kontrolle Wort für Wort gebietet, sollen die Zeugen die letztwillige Verfügung wenigstens überblicksartig kontrollieren und ­einen sinnerfassenden Abgleich des Vorgelesenen mit der zu unterfertigenden Urkunde in den zentralen Punkten – insbesondere der Erbseinsetzung – vornehmen.

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