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Kredite als Weg aus der Armut
Maria Pupiales hat mit dem Kredit des Oikocredit-Partners Banco Vision Fund in Ecuador ein Stickereigeschäft eröffnet.
© Opmeer Reports

Mikrofinanz

Kredite als Weg aus der Armut

Mithilfe von Kleinstkrediten schaffen viele Menschen in benachteiligten Gebieten den Sprung aus der Armut – selbst in Zeiten von Krisen, wie Aglaë Hagg-Thun und Friedhelm Boschert von Oikocredit ­Österreich betonen.

Von Martin Maier

30.04.2024

Oft können bereits geringe Summen – wie zum Beispiel 50 Euro – einen großen Unterschied machen – insbesondere für Menschen, die keinen Zugang zu klassischen Bankdienstleistungen haben. So können Kleinstbeträge in ärmeren Regionen in Afrika, Asien oder Lateinamerika dazu dienen, sich etwa durch den Kauf einer Kuh oder einer Nähmaschine eine eigene Erwerbsmöglichkeit aufzubauen und damit letzten Endes die eigene Existenz abzusichern.

Und genau an dieser Stelle setzt das Modell der „Mikrofinanz“ an, das bewusst nicht auf Spenden setzt: Mikrofinanz bietet Personen in erster Linie in Entwicklungsländern, die in der Regel keinen Zugang zu traditionellen Bankdienstleistungen haben, Kleinstkredite an. Damit zielt die Mikrofinanzierung darauf ab, die Armut zu lindern und die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern. Und zu den größten und bekanntesten Akteuren in diesem Bereich zählt die internationale Entwicklungsgenossenschaft Oikocredit mit Hauptsitz in den Niederlanden, die 1975 auf Initiative des ökumenischen Weltkirchenrates ins Leben gerufen wurde.

Aglaë Hagg-Thun und Friedhelm Boschert engagieren sich im Vorstand des österreichischen Förderkreises Oikocredit Austria ehrenamtlich, um das Thema Mikrofinanz in Österreich bekannter zu machen, Bildungsarbeit zu betreiben und die Idee hinter Oikocredit weiter zu verbreiten.

GEWINN: Durch die Wirren der Coronapandemie und den Anstieg der Zinsen ist die Anzahl der Kreditausfälle fast weltweit deutlich gestiegen. Gibt es auch bei Ihren Kleinkreditnehmern in den Entwicklungsländern steigende Ausfälle?

Hagg-Thun: Wir waren in der Coronapandemie weniger betroffen als andere Institutionen. Wir sind gut davongekommen. Es hat sich gezeigt, dass unsere Kreditnehmer, die in der Regel ja aus sehr armen Gegenden kommen und über geringe Mittel verfügen, sich schneller an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst haben. Die haben sehr rasch neue Wege gefunden, ihre Geschäfte weiterhin zu betreiben und somit auch die Kredite weiterhin pünktlich zu bedienen.

Boschert: Auch der Anstieg des Zinsniveaus hat bei unseren Kreditnehmern nicht zu einem Anstieg der Ausfälle geführt. Im Gegenteil, der Anteil risikobehafteter Kredite in unserem Portfolio ist zuletzt sogar geringfügig gesunken – und das in einem Umfeld steigender Kreditausfälle. Das zeigt wieder einmal, wie resilient unsere Kreditnehmer sind.

GEWINN: Wie groß ist denn das Volumen an Krediten, die Oikocredit vergeben hat?

Boschert: Wir haben jetzt über eine Milliarde Euro an Krediten über Finanzintermediäre vor Ort in den Ländern weltweit vergeben – den Großteil davon in Form von klassischen Mikrokrediten.

Hagg-Thun: Ein wachsender Anteil wird auch in erneuerbare Energien, Landwirtschaft und sogenanntes „Resilience Building“ investiert.

Porträt Hagg-Thun
Aglaë Hagg-Thun, Oikocredit Austria: „Der Hauptgrund, warum sich Menschen finanziell bei Oikocredit engagieren, ist und bleibt, dass sie mit ihrer Anlage bei Oikocredit echt was in der Welt verbessern können. Und zwar messbar.“© ASK ME info@pr-foto.eu, Bearbeitung: GEWINN
Porträt Friedhelm Boschert
Friedhelm Boschert, Oikocredit Austria: „Wir haben jetzt über eine Milliarde Euro an Krediten über Finanzintermediäre vor Ort in den Ländern weltweit vergeben – den Großteil davon in Form von klassischen Mikrokrediten.“© Katharina Schiffl

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