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OGH-Urteile
Originaltestament wird nicht ausgefolgt
Der Sohn des 1944 unter dem NS-Regime hingerichteten Erblassers beantragte die Ausfolgung des Originals jenes eigenhändigen Abschiedsbriefs, den sein Vater wenige Stunden vor seinem Tod an seine Ehefrau und seine Kinder verfasst hatte und das eine letztwillige Verfügung zu deren Gunsten enthielt. Das Erstgericht wies den Antrag ab, weil die Verwahrung des Originals eines Testaments dauerhaft zu erfolgen hat, sodass nur eine Abschrift oder Kopie ausgefolgt werden könne.
Der OGH (2 Ob 168/20z) bestätigte diese Entscheidung unter Verweis auf den klaren Wortlaut der anzuwendenden Bestimmungen, wonach Urschriften von letztwilligen Verfügungen bei Gericht „zu verwahren“ sind, also „dauernd aufzubewahren“. Die Bestimmungen lassen, ungeachtet des lange zurückliegenden Todes des Erblassers und des verständlichen großen persönlichen Interesses des Antragstellers, keinen Interpretationsspielraum offen. Daher können auch die Originalurkunden letztwilliger Verfügungen, die mit persönlichen Botschaften oder Briefen an die Hinterbliebenen verknüpft sind, nicht ausgefolgt werden.